Geige von Hoyer?

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Weide
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Registriert: Do 18. Jan 2007, 23:17

Geige von Hoyer?

Beitrag von Weide »

Hallo,

durch Zufall bin ich auf eine Geige von Andreas Hoyer 1750 aufmerksam geworden. Da mir die Herkunft meiner eigenen Geige leider immer noch nicht klar ist und ich gewisse Ähnlichkeiten mit der Hoyergeige feststellte würde ich gerne wissen, ob meine Geige eventuell aus dieser Geigenbauerfamilie stammen könnte. Hier mal ein Bild meiner Geige:

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Ähnlichkeiten zur Hoyergeige sehe ich in zum einen in den fast kreisförmigen Rundungen der F-Löcher. Auch die Form und eventuell die Wölbung weist gewisse Ähnlichkeiten auf. Des Weiteren liegen die Randeinlagen recht weit außen, was ich ebenfalls bei der echten Hoyer wiedererkennen konnte. Bei der Echten sind allerdings die seitlichen Einbuchtungen (Mittelbügel?) und auch die F-Löcher meiner Meinung nach etwas länger und die Ecken nicht ganz so weit nach oben bzw. unten gezogen.

Der Boden meiner Geige ist leider erneuert worden, daher lohnt sich hier ein Bild nicht. Im Innern des Instruments befindet sich ein Reparaturzettel, der die diversen Rissreparaturen und die Erneuerung des Bodens auf's Jahr 1848 datiert (Repariert von einen Herrn Quillmann aus Hättenhausen). Bei der echten Hoyer fallen mir auf dem Boden die Passstifte auf, die offensichtlich fast mittig auf den Klötzen liegen, also mit einigen Abstand zur Randeinlage. Wie gesagt, der Boden ist erneuert und Stifte findet man dort nicht mehr, dafür sind sie auf der Decke noch vorhanden - und zwar wiederum eher mittig auf den Klötzen, d.h. etwas entfernt von den Randeinlagen. Was auf den Bildern schwer zu erkennen ist, ist die recht hohe Wölbung von Decke und Boden. Die Decke ist übrigens sehr dünn gearbeitet, sehr feinjährig (zum teil sogar extrem feinjährig) und offensichtlich einteilig.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich würde mich riesig über ein paar Infos zu meiner Geige freuen. Könnte tatsächlich Andreas Hoyer oder ein anderer Hoyer als Erbauer in Frage kommen, oder stammt sie aus einer völlig anderen Ecke?

Vielen Dank im Voraus

Viele Grüße

Andreas
Zuletzt geändert von Weide am Sa 20. Jan 2007, 18:24, insgesamt 2-mal geändert.

Weide
Beiträge: 6
Registriert: Do 18. Jan 2007, 23:17

Beitrag von Weide »

noch ein Nachtrag:

anbei noch ein paar Bilder, auch von der geöffneten Geige - vielleicht hilft es ja bei der Beurteilung:

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Viele Grüße

Andreas

Weide
Beiträge: 6
Registriert: Do 18. Jan 2007, 23:17

Beitrag von Weide »

Hallo,

ich würde mich nach wie vor sehr über ein kurzes Statement zu meiner Geige freuen.

Viele Grüße und vielen Dank im Voraus für Ihre Bemühungen

Andreas

Weide
Beiträge: 6
Registriert: Do 18. Jan 2007, 23:17

Beitrag von Weide »

Hallo,

werde ich hier eigentlich geflissentlich ignoriert? Dazu ein kurzer Hinweis: Die Geige wurde nicht bei Ebay erstanden (was ich persönlich trotzdem nicht für verwerflich halte) und ein Geigenbauer in meiner Nähe hat bisher daran gut verdient bzw. wird demnächst ein weiteres Mal gut verdienen. Die Geige soll auch nicht bei Ebay verkauft werden, sondern ganz im Gegenteil von mir möglichst ein Leben lang gespielt werden. Oder ist man hier nur in der Lage, Fachbücher zu rezitieren?

Ich habe mich zusätzlich noch mal in einem amerikanischem Forum umgehört. Dort konnte man mir über die Herkunft zwar auch nichts detailiertes sagen, aber man war sehr erstaunt über die Bauweise, z.B. über die Art der Reifchengestaltung bei den Eckklötzen, und dass die Zarge in Geigenmitte schmaler gearbeitet ist. Dies sollte eigentlich ein gutes Erkennungsmerkmal mindestens einer Region (man vermutet dort Tirol) oder sogar eines bestimmten Geigenbauers sein.

Hier nochmal ein Bild vom Istzustand der Geige:

Bild

Wie man sieht wurde sie für meine Bedürfnisse linkshändisch umgebaut, allerdings fehlt noch der Wirbelumbau. Da die Geige zuvor stark beschädigt war konnte ich sie klanglich nicht testen, daher wollte ich mir zunächst weitere Umbaukosten sparen. Nun habe ich sie bereits eine Weile gespielt und bin begeistert. Sie kann zwar nicht sehr laut und man muss den schönsten Klang teilweise etwas suchen bzw. sie verzeiht keine Fehler in der Bogenführung, klingt aber meiner Meinung nach extrem gut, ausgezeichnet mit einem sehr komplexen Klangbild.

Viele Grüße

Andreas

Auvers
Beiträge: 13
Registriert: Do 25. Jan 2007, 9:26

Beitrag von Auvers »

:lol:
Hallo Andreas,

gern würde ich Dir helfen, leider fehlt mir eine detaillierte Kenntnis.
Aber ein bisschen aufmuntern möchte ich Dich doch.
Leider beweist Deine umfassende Suche nach Informationen in verschiedenen Foren wie intransparent der gesamte Geigenmarkt ist und wie wenig Kenntnis selbst versierte Geigenbauer haben.
Ich bin einmal mit einem alten Geigenbogen bei einem Bogenmacher in Markneukirchen gewesen und war hinterher enttäuscht, wie viel weniger er gegenüber mir dem Laien wusste,

Also, Kopf hoch !

(Ist doch eigentlich egal wer Deine Geige gebaut hat, sicher ist doch, dass Sie ca. 200 Jahre miterlebt und erlitten hat, also kann Sie Dir bei Euren Sitzungen eine Menge erzählen!)

Weide
Beiträge: 6
Registriert: Do 18. Jan 2007, 23:17

Beitrag von Weide »

Hallo Auvers,

danke erstmal für Dein Mitgefühl ;-)

Naja, ich will nicht behaupten, dass viele versierte Geigenbauer wenig Kenntnis haben. Die Geigenvielfalt ist riesengroß und wahrscheinlich ist es daher tatsächliche enorm schwer, eine einzelne zu beurteilen. Nur, viele Geigenbauer wollen dies offensichtlich nicht zugeben. Gerne hört man dann, die Geige sei eine ca. 100 Jahre alte Manufakturgeige aus der Mittenwalder oder Markneukirchener Gegend. Damit liegt man dann zu 80% richtig, da 80% der existierenden älteren Geigen aus diesen Gegenden stammen ;-).

Trotzdem habe ich mir gerade zu meinem Instrument etwas mehr Infos versprochen, da ich zum einen glücklicherweise beim Geigenbauer Fotos des geöffneten Intrumentes machen konnte und die Geige zum anderen viele, wie ich finde, charakteristische oder untypische Merkmale aufweist, die es manchen Experten womöglich erleichtern, die Herkunft genauer festzulegen.
Mir wäre zudem schon sehr damit geholfen wenn man mir mitteilt, was sie nicht ist bzw. das sie z.B. keinesfalls aus Markneukirchen stammt. Gerne würde ich das Markneukichener Museum besuchen um selbst ein wenig zu forschen, zu vergleichen, aber ich wohne leider im hohen Norden Deutschlands, somit wäre ein Besuch eher im Rahmen eines Urlaubs möglich.

Aber Du hast Recht - im Prinzip ist die Herkunft egal. Ich erfreue mich am schönen Klang und sinniere darüber, welche Geschichten sie erlebt hat. Ich bin Hobbymusiker und hatte das Spielen in letzter Zeit leider etwas vernachlässigt. Seitdem ich aber diese Geige besitze, spiele ich wieder täglich, ja bin direkt ein wenig süchtig, dieser Geige endlich wieder Töne zu entlocken. Manchmal, spät am Abend wenn ich keinen mehr stören darf, nehme ich sie einfach in die Hand und betrachte sie intensiv. Solche Dinge sind mit neueren Instrumenten einfach nicht möglich bzw. geben so etwas nicht in dem Maße her. Beim Betrachten frage ich mich allerdings, welche Sprache bzw. welchen Dialekt sie wohl spricht ;-) (um wieder auf's Thema zu kommen).

Viele Grüße

Andreas

Auvers
Beiträge: 13
Registriert: Do 25. Jan 2007, 9:26

Beitrag von Auvers »

Hallo Andreas,

ich selbst habe das Musikinstrumentenmuseum in Markneukirchen vor 2 Jahren besucht und war erstaunt, mit welcher Liebe die Mitarbeiter versuchen, die Instrumente darzubringen.
Aber grundsätzlich sind darin die Geigen nur als kleiner Teil vertreten, es gibt noch so viel andere Instrumente aus der Gegend...
Ein Besuch lohnt sich am meisten, wenn Du Kinder mitnimmst, da einige Instrumente vorgeführt werden.

Aber denke bitte nicht, mehr über Deine Geige zu erfahren! Ich war mit dem Gedanken nach Markneukirchen gefahren, dass da an jeder Ecke ein Geigengeschäft mit vielen alten Geigen ist, einzig einen A&V in der Nähe des Museums habe ich gefunden und der verkauft mittlerweile auch über EBAY.
Ich hatte nach dem Besuch noch das Glück, kurz den versierten Geigenbauer Ekkard Seidl in seiner Werkstatt besuchen zu können, so etwas sind bleibende Eindrücke.

Also das mit den Mitternächtlichen Sitzungen zusammen mit der Geige kenne ich auch von mir. Du musst wissen, ich bin autodidakt auf dem Gebiet und spiele nur für mich. Eigentlich spiele ich nicht, ich höre in die Geige hinein und erfreue mich an den Klangfarben. Ich komme vom Klavier, da fehlte mir soetwas.
Hinterher ist die Last des Alltags verschwunden...
Mein Problem ist eigentlich noch viel größer als Deines, ich habe mehrere alte schöne Geigen und kann mich nicht entscheiden, welcher ich nun endgültig treu bleiben soll.
So ist jede Geigensitzung mit Schuldgefühlen verbunden, ähnlich dem Gefühl, mehrere Frauen zu besitzen und einer davon in die Augen zu schauen... (hoffe dieses Problem teilen wir nicht auch noch :lol:

Grüße

Thomas

Weide
Beiträge: 6
Registriert: Do 18. Jan 2007, 23:17

Beitrag von Weide »

Hallo Thomas,

meine Geigensitzungen bleiben zum Glück noch ohne Schuldgefühle. Da ich Linkshänder bin und umgebaute Geigen spiele wird es auch so schnell nicht passieren, dass ich mehrere Geige anhäufe, da solche Instrumente eher selten angeboten werden bzw. es auf Dauer zu teuer wird und auch zu schade wäre, normale Geigen umbauen zu lassen.

Nichts desto trotz habe ich noch eine weitere Linkhändergeige neueren Datums. Ich habe sie seinerzeit bei Ebay erstanden, was natürlich ein großes Risiko war. Sie war an sich schon recht teuer (500€) und konnte zudem vom Klang leider nicht überzeugen. Sie ist zwar im Prinzip gut gearbeitet (übrigens kein Umbau sondern ein original Linkshänderinstrument), allerdings war die Decke viel zu dick und ich habe sie dann vom Geigenbauer ausschachteln lassen (ich weiß gar nicht warum sich so viele über Ebay aufregen - die Geigenbauer verdienen daran jedenfalls gut). Die Geige spricht jetzt gut an, lässt sich leicht spielen, klingt aber nicht sonderlich spektakulär. Zudem ist es kein Instrument welches man sich einfach mal zu Betrachten schnappt (ich schätze sie keinesfalls älter als 50 Jahre). Trotzdem werde ich sie behalten und zu Gelegenheiten nutzen, wo mir meine "richtige" Geige zu schade ist. Vielleicht komme ich ja doch noch mal in die Verlegenheit, in einer Folkband mitzumachen und da werde ich garantiert nicht das gute Stück benutzen. So wie es aussieht wird es also in Zukunft bei diesen beiden Geigen bleiben und ich kann beiden in die Augen sehen ;-).

Der Umbau meines guten Stückes auf Linkshänder bereitet mir übrigens kein schlechtes Gewissen weil er wie ich finde gut in die bisherige Geschichte der Geige passt. Sie hat im Laufe Ihres Lebens einen neuen Boden und womöglich sogar einen neuen Hals bekommen - da passt doch ein Linkshänderumbau sehr gut rein ;-).

Danke auch noch für Deine Hinweise in Sachen Museum und Markneukirchen. Leider werde ich eh' in nächster Zeit nicht die Gelegenheit haben, dort hinzukommen.

Viele Grüße

Andreas

Heidrun Eichler
Museumsmitarbeiter
Beiträge: 1226
Registriert: Do 22. Dez 2005, 13:58
Wohnort: Markneukirchen

Beitrag von Heidrun Eichler »

Lieber Andreas,

da muss man erstmal Urlaub haben, um Ihre mail zu lesen.

Warum Ihnen keiner von uns geantwortet hat, weiß ich auch nicht, vielleicht, weil so viele Beiträge angezeigt waren und da denkt man, es hat schon jemand geantwortet. Tut mir leid.
Zugegeben, ich konnte mich in den letzten Wochen wenig um das Forum kümmern, weil ich mit so vielen anderen (z.T. auch intressanten) Dingen beschäftgit war. Wir haben nämlich noch Ausstellungsfläche dazubekommen und die musste nach den Baumaßnahmen sinnvoll gestaltet werden. Wir haben sie mit Instrumentenbauwerkstätten und einem alten Handelskontor ausgestattet. Noch ein Grund mehr, mal nach Markneukirchen zu kommen. Ich kann Ihnen eigentlich nur empfehlen, ein paar Urlaubstage bei uns zu verbringen, nicht nur wegen des Instrumentenbaus. Das Vogtland ist auch landschaftlich reizvoll und bietete viele Möglichkeiten zum Wandern und Erholen.

Zu Ihrer Geige: Wir Museumsleute sind tatsächlich nicht in der Lage, dazu verbindliche Auskünfte zu erteilen. Wir überlassen das den Kennern der Szene - den Geigenbauern. Anhand von Fotos sagen die aber auch nicht gerne etwas. Also, das beste ist doch, Sie kommen mit dem Instrument mal her.

Eine Frage habe ich noch zu der Linkshändergeige. Wenn man Linkshänder ist, hat man doch eigentlich einen Vorteil bei Instrumenten, wo die linke Hand gefragt ist ?! Ich kenne viele Linkshänder, die sehr gut Gitarre, Cello oder Geige auf den "normalen" Instrumenten spielen und habe das immer so interpretiert, dass sie ja mit der linken Hand geschickter sind als die Rechtshänder. Ich gehöre da nämlich auch dazu.

Einen schönen Tag :lol:

Heidrun

stubsi_92
Beiträge: 1
Registriert: Fr 09. Mai 2008, 22:46

Re: Geige von Hoyer?

Beitrag von stubsi_92 »

hallo andreas,
ich bin besitzerin einer bratsche von andreas hoyer aus dem jahr 1780. wenn du willst kann ich versuchen ein paar bilder von meinem instrument hier reinzustellen zum vergleichen(kann allerdings ein paar tage dauern).
liebe grüße

gabi

Walter
Beiträge: 1
Registriert: So 08. Feb 2009, 19:18

Re: Geige von Hoyer?

Beitrag von Walter »

Hallo Heidrun,

bin durch Zufall über das Thema Linkshändigkeit gestolpert. Bin selber Linkshänder und habe ohne Umbau Geige studiert. Vorteil: linke Hand sehr geläufig, kaum Geschicklichkeitsgrenzen!
Nachteil: rechter Arm - kreisende Bogenbewegungen laufen "falsch herum" gut - schlecht für Orchesterspieler, schnelle Striche (spiccati etc.) benötigen mehr Übung - unruhiger Arm bei andauernden frequentativen Techniken (Schlag mal schnell Rührei als Linkshänder mit rechts rechts herum und links herum, als Rechtshänder umgekehrt!). Ist alles mit Geschick und Ausdauer trainierbar und man eignet sich Tricks an.

Chaplin war Linkshander spielte aber offensichtlich auf einer nicht umgebauten Geige.

Frage: Wird bei einem Umbau auch der Bassbalken versetzt? Sind dann nicht die Boden- und Deckenstärken falsch?

Beste Grüße
Walter :geige:

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