Geige von Franz Fuchs

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sausekind
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Geige von Franz Fuchs

Beitrag von sausekind »

Hallo,
wir haben eine Geige des Geigenbauers Franz Fuchs bekommen. Es war wohl ein Schönbacher Geigenbauer. Es ist eine Domholz Geige mit der Nummer 108 aus dem Jahre 1948. Kennt jemand den Geigenbauer oder kann uns jemand Informationen zu diesen Domholz Geigen geben?
Danke schonmal,
sausekind

Udo Kretzschmann
Geigenbaumeister
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Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von Udo Kretzschmann »

Hallo sausekind,

Jalovec schreibt in seinem Buch über böhmische Geigenbauer nur von einem Franz Fuchs aus Schönbach, der aber schon 1877 gestorben ist. Und als Landsmann sollte er sich da ja eigentlich auskennen? Dabei ist Fuchs durchaus kein seltener Name in Schönbach gewesen.

In Linz lebte ein Franz Fuchs, geb. 1915, der käme also altersmäßig in Frage, dafür stimmt Schönbach nicht. Gibt es einen Zettel in der Geige, wenn ja, was steht denn da alles drauf?

Hat schon mal ein Geigenbauer einen Blick auf das Instrument geworfen und etwas zum Instrument gesagt?

Zum Begriff "Domholz". Woher hat sausekind denn diese Information? Steht das auch mit auf einem eventuellen Zettel? Ich kann mir eigentlich nur vorstellen, daß der Herr Fuchs Holz von einem (abgetragenen) Kirchendachstuhl - eben Domholz - verwendet hat, wie es schon manch einer seiner Kollegen tat. Und wie ich es eigentlich auch gern getan hätte, wenn ich nicht gerade in jugendlicher Klangholz-Euphorie Kiefer statt Fichte erwischt hätte... :blush: Da machen sich meine Freunde bis heute drüber lustig... Das Holz wurde dann :holzhacker:

Schöne Grüße aus dem Vogtland

Udo

sausekind
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Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von sausekind »

Hallo Udo,
schonmal vielen Dank. Die Geige ist bei uns noch nicht eingetroffen, sobald wir die haben werden wir uns an einen Geigenbauer wenden. Wir haben aber gerade die Unterlagen dazu bekommen. Daraus geht hervor, dass die Geige nach dem Modell von Guernarius del Gesu im Jahre 1948 gebaut wurde. Das Holz der Decke, des Bassbalkens, Stimmstocks und der Eckklötze stammt aus der Münchner Frauenkirche aus dem 15. Jahrhundert.
Franz Fuchs ist laut eines beiliegenden Zeitungsausschnitts 1947 von Schönbach über Oberau nach Garmisch Partenkirchen ausgewandert. Aber dort und auch in Mittenwald ist nichts über ihn bekannt.
Jetzt weiß ich nicht, wo ich noch weiter suchen kann.
Viele Grüße,
sausekind

Udo Kretzschmann
Geigenbaumeister
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Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von Udo Kretzschmann »

Hallo Sausekind,
sausekind hat geschrieben:Das Holz der Decke, des Bassbalkens, Stimmstocks und der Eckklötze stammt aus der Münchner Frauenkirche
- daher also der Name Bratkartoffel, äh, nein Domholz. Da lag ich ja mit meiner Vermutung gar nicht so verkehrt.

Zu Franz Fuchs würde ich, da dieser in den Raum Garmisch-Partenkirchen gegangen sein soll, einmal die Tonholzhändler Fuchs in Mittenwald sowie Fuchs in Reischach befragen. Vielleicht gibt es da Informationen. Wenn ja, bitte uns die Neuigkeiten auch wissen lassen.

Viele Grüße

Udo

sausekind
Beiträge: 6
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Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von sausekind »

Hallo Udo,
leider hat uns diese Spur auch nicht weitergeführt. Die beiden Tonholzhändler gehören irgendwie zusammen. Sie kommen ursprünglich zwar auch aus Schönbach, aber zumindest der jetzigen Generation ist der Name Franz Fuchs kein Begriff.
Schade.
Viele Grüße,
sausekind

dingsbums
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Registriert: Mi 19. Jan 2011, 19:06

Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von dingsbums »

Hallo sausekind,

ich habe gerade die Domgeige 102 vom Sohn des Geigenbauers Fuchs zum Spielen ausgeliehen bekommen.
Herr Fuchs wohnt in Indersdorf bei Dachau. Falls noch Interesse besteht, könnte ich Kontakt herstellen.

Liebe Grüße

sausekind
Beiträge: 6
Registriert: Di 15. Jun 2010, 15:06

Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von sausekind »

Hallo dingsbums,
vielen Dank für das Angebot. Das wäre toll. Vielleicht lässt sich so etwas über die Geige herausbekommen.
Viele Grüße,
sausekind

Domgeigen
Beiträge: 1
Registriert: Sa 22. Sep 2012, 13:17

Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von Domgeigen »

Morgen, Sonntag den 23.09.2012 werden 4 der Domgeigen im Dom in München während der 10 Uhr Messe gespielt!

ucwsmünchen
Beiträge: 1
Registriert: Mo 29. Okt 2012, 21:47

Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von ucwsmünchen »

Hallo Sausekind,

ist es möglich, dass es sich nicht um Franz, sondern um Joseph Fuchs handelt. Dieser ist nach dem Krieg mit Frau und Tochter von Schönbach nach Garmisch gekommen und hat dort bis 1976 als Geigenbauer gearbeitet. Verstorben ist er 1980. Seine Tochter lebt 83jährig in München und besitzt noch zwei Instrumente Ihres Vaters.
Sie ist eine Nachbarin meines Vaters.

Beste Grüße aus München, UCWS.

sausekind
Beiträge: 6
Registriert: Di 15. Jun 2010, 15:06

Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von sausekind »

Guten Morgen,
danke für die Info. Leider handelt es sich aber tatsächlich um Franz Fuchs. Es gibt auch noch Nachfahren, aber ein Kontaktversuch ist fehlgeschlagen.
Liebe Grüße,
sausekind

WeHo
Beiträge: 1
Registriert: Do 19. Jul 2018, 22:44

Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von WeHo »

Hallo,
der Bayerische Rundfunk berichtete in einer Senung vom 22.04.2016 dies:
"Im Zweiten Weltkrieg wurde die [Münchner] Frauenkirche zerstört, die gewaltigen Dachstuhlbalken liegen offen im Bauschutt, als Franz Fuchs im Januar 1946 hier vorbeikommt. Der Geigenbaumeister und Tonholzhändler kam nach dem Zweiten Weltkrieg nach München. In einer Zeit, in der die Menschen hungern und frieren, steht er vor den mächtigen Dachstuhlbalken - und denkt nicht ans Heizen, wie die meisten - sondern erkennt das Potential des Holzes. Sein Sohn Gerald Fuchs erzählt: "Das ist Holz für Geigen. Es ist vom Wachstum und von der Jährung her geeignet, es ist alt und auskristallisiert, dabei aber nie faulig geworden."
Bild von Gerald Fuchs mit Geige: https://www.br.de/radio/bayern2/sendung ... sion=84fe1
und in einer Sendung vom 13.07.2013:
"Das Domholzgeigentrio spielt in der Frauenkirche
Das Domgeigentrio (v.l. Judith Altmann, Ruth-Maria Ostermann, Andreas Mittler)
Die zauberhaften Klänge hallen durch den Liebfrauendom und verklingen hoch oben im Gewölbe. Ein ornamentales Netz, das einem Sternenhimmel gleicht, der sich über uns auftut. Die Frauenkirche: ein Ort, an dem man dem Himmel ganz nah ist – das waren die Worte von Domkapellmeisterin Lucia Hilz. Wir erinnern uns: Die Musik im Dom, sie kann ein Stück Himmel bedeuten, hat Gabriele Steinherr gesagt. Wie Recht sie doch haben! Im Chorgestühl der Frauenkirche, wo normalerweise Besucher nicht hinkommen, haben Gerald Fuchs, seine Frau und seine Tochter Platz genommen. Inmitten von geschnitzten Büsten der Propheten und Heiligen lauschen sie andächtig und aus nächster Nähe den Domgeigen. .. Der Kreis, er hat sich endlich geschlossen. Die Geigen sind dort angekommen, wo sie Jahrhunderte lang das Gewölbe der Kirche gestützt haben und spielen ihr Dankeschön. - Ein Dankeschön, dass sie das werden durften, was sie heute sind: Instrumente, die noch mehr an Strahlkraft, Wärme und Innigkeit gewinnen, sobald man ihre Geschichte kennt."
Im Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 26.08.2013 wird das gleiche Thema behandelt und auch die Herkunft von Franz Fuchs: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/da ... -1.1754293
"Teil ... Lebensgeschichte von Gerald Fuchs: Nach Kriegsende war dieser gerade einmal vier Jahre alt, als er mit seiner Mutter und der kleinen Schwester aus dem Sudetenland, heute Tschechien, aussiedeln musste. Erste Station nach der Vertreibung war Erlangen, wohin der Vater aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen wurde. In Schönbach bei Eger hatte Franz Fuchs vor dem Krieg ein gut gehendes Geigenbau- und Tonholzgeschäft geführt. ...
Auf der Suche nach geeignetem Holz wurde Franz Fuchs in der zerbombten Landeshauptstadt fündig, in den Trümmern des Liebfrauendoms. Die gewaltigen Holzbalken, jahrhundertelang durch die Glocken in Schwingung versetzt, erschienen ihm besonders geeignet. Schließlich erhielt Fuchs als einziger Handwerker die urkundlich bestätigte Genehmigung zur Verwendung einer Fuhre Holz aus dem Kirchengebälk.
...Für einen Neuanfang ließ sich die Familie schließlich in Oberau bei Garmisch nieder. "Leider hat es dann nicht so geklappt, wie mein Vater es sich vorgestellt hat", erinnert sich dessen Sohn
... Nicht ohne Stolz verweist Fuchs auf einen Blindtest in der Musikakademie, bei der eine der Geigen seines Vaters klanglich mit einer Stradivari verwechselt worden sei. Die hervorragende Güte des Domholzes sei auf die mehr als 500-jährigen Zeit als Dachstuhl zurückzuführen, weswegen sein Harz vollständig auskristallisiert und damit sehr schwingungsfördernd ist.
.... Auf Bestellung von Gerald Fuchs baute der in Mark Neukirchen in Thüringen ansässige Geigenbauer Anfang der 1990er Jahre weitere Geigen aus Domholz nach dem Vorbild des inzwischen verstorbenen Vaters. Damit wollte sich der Indersdorfer einen Herzenswunsch erfüllen: ein Konzert nur mit Domholzgeigen. .... Nach neuer Besaitung und wochenlanger Einspielzeit war es endlich soweit: das neugegründete Geigentrio Ruth-Maria Ostermann, Judith Altmann und Andreas Mittler hat die Domholzgeigen in der Öffentlichkeit wieder zum Klingen gebracht - am Ort ihres Ursprungs, bei einem Gottesdienst in der Münchner Frauenkirche im Herbst 2012. Der Herzenswunsch von Gerald Fuchs hat sich erfüllt, der Kreis war geschlossen."

Das könnte das Ausstellungsstück etwas bereichern...
Beste Grüße
WeHo

sausekind
Beiträge: 6
Registriert: Di 15. Jun 2010, 15:06

Re: Geige von Franz Fuchs

Beitrag von sausekind »

Hallo WeHo,
danke für den tollen Beitrag! Wir haben unsere Geige damals schätzen lassen, sie ist wohl nur etwa 500€ Wert. Schon nach kurzer Zeit hat sie den Ansprüchen unserer Tochter und der Geigenlehrerin nicht mehr genügt und jetzt steht sie leider ungenutzt auf dem Speicher.
Gruß, sausekind

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