Klarinettenfarbstoffe

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Esshornhaber
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Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von Esshornhaber »

Hallo zusammen!

Ich habe mir eine alte Klarinette angeschafft und seit einigen Tagen spiele ich damit. Sie hat eine Gravur "Otto Hammig Markneukirchen". Sie funktioniert und ich spiele schon einfache deutsche Volkslieder damit. Nachdem, was ich hier über Otto Hammig gelesen habe, wurde das Instrument höchstwahrscheinlich vor dem Krieg gebaut.

Bevor ich aber das Instrument angefasst und in den Mund genommen habe, habe ich es gründlich gereinigt. Ich habe es mehrmals mit Spiritus eingesprüht und mit Papiertüchern abgewischt, ebenso habe ich ein alkoholisches Desinfektionsmittel vom Krankenhaus drauf getan. Ich will mir ja davon keine Krankheiten holen. Wer weiß, wem das zuvor gehört hat. Das ist alles wieder getrocknet und dem Instrument hat das auch nicht geschadet. Dabei fiel mir erstmals auf, dass die Klarinette schwarzbraun abfärbt. Nach dem Trocknen waren einige Stellen der Klappenmechanik leicht an dem Holz festgeklebt, aber das löste sich beim Betätigen wieder. An der abgelösten Stelle ging auch ein klein wenig von der Karinettenfarbe ab, ein winziger heller Fleck, sieht man kaum.

Wenn ich nun länger spiele, färben sich irgendwann meine Finger schwarz, und auch auf dem Rohrblatt entsteht ein schwarzer Fleck. Das kann man beides Abwaschen, mit Alkohol und leichtem Reiben. Im Mund bleibt ein bitterer Geschmack, aber der könnte auch von dem vergällten Brennspiritus kommen, weiß ich nicht.

Nach dem Spielen wasche ich das Instrument mit Wasser aus. Ich denke mir, davon wird es nicht nasser, als es nach dem Spielen ohnehin schon ist, aber wenigstens spült das den Schmutz weg. Dann schüttle ich die Tropfen heraus und lege es an die Luft zum Trocknen. Den beiliegenden Wischer benutze ich lieber nicht, denn der erscheint mir etwas zu grob für das Instrument. Es soll ja auch andere Leute geben, die auf das Wischen ganz verzichten. Jedenfalls rinnt beim Auswaschen wieder diese schwarzbraune Brühe aus dem Instrument heraus.

Ich wasche das Instrument neuerdings nach dem Spielen auch erst mit Alkohol, in der Hoffnung, dass sich das schwarze Zeug irgendwann ganz auswäscht und das Abfärben aufhört. Danach wasche ich nochmal mit Wasser und lasse alles an der Luft trocknen.

Und jetzt meine Frage: Womit hat man denn vor dem Krieg die Klarinetten schwarz gefärbt? Ist das Zeug giftig? Kann man davon krank werden? Wären diese Farbstoffe heute noch zugelassen oder gehören solche alten Klarinetten eigentlich auf den Sondermüll?

intune
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von intune »

ist die Klarinette wirklich aus Holz ?

el gitano
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von el gitano »

Hallo,
als Hobby-Spieler und -Schrauber meine Sicht:
Mit all den Lösungen, die du zur Reinigung benutzt, Spiritus, Desinfection,.... gehst du da schon mit der chemischen Keule ran. Ob das Instrument dir das dankt, und auch die Polster (die kleinen weichen Scheiben unter den Klappen) wird die Zukunft zeigen. Dein Gesundheitszustand ebenfalls.
Ja, die einfachen Klarinetten wurden damals dunkel gebeizt, um ein höherwertiges Holz vorzutäuschen. Genau wie bei Möbeln damals und heute. Was das genau war, ob giftig nach heutiger Definition, dürfte wohl nur der damalige Klarinettenbauer wissen. Solange aber kein Kadaver neben dem Klarinettenkoffer lag, dürfte es wohl nicht so gravierend gewesen sein :tomato: Mir ist aber bis heute nichts in dieser Materie zu Ohren/Augen gekommen.
Einen Tipp, öle das Instrument nach einer Trocknung (bitte nicht übertreiben, normale Trocknung im trockenen Raum, nicht auf Heizkörper oder im Heizungsraum, das Instrument kann reissen) mit einem natürlichen, kein mineralisches, Öl, um ein austrocknen zu verhindern. Denn Kondenswasser und Speichel soll nicht vom Instrument aufgenommen werden.
Hier eine gute Anleitung: http://www.hueyng.de/tipps/oelanleitung/
Solltest du aber extrem auf Verunreinigungen/Bakterien,.... im Kopf oder Körper reagieren, empfehle ich dir eine Hardrubber-, Plastik- oder Metallklarinette. Die sind pflegeleichter und unempfindlicher.
Viel Spass mit dem Instrument
Claus

Esshornhaber
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von Esshornhaber »

Danke erstmal.

Ja, die Klarinette ist aus Holz.

Das mit dem Ölen werde ich gelegentlich mal machen, ich muss mir noch Öl besorgen. Leinöl vielleicht?

Ja, ich habe versucht, die Bakterien und Viren mit der chemischen Keule zu bekämpfen. Weil wie denn sonst, gibt es da auch andere Möglichkeiten? Aus dem Labor kenne ich z.B. den Autoklaven, in dem das zu sterilisierende Gut unter Druck mit heißem Dampf behandelt wird. Aber das traue ich mich mit der Klarinette nicht. Auch Bestrahlen wäre eine Möglichkeit, aber dafür habe ich die Apparate nicht. Vielleicht mit starkem Ultraschall, aber auch sowas habe ich nicht. Also bleibt mir die chemische Keule. Wobei ich Brennspiritus einschließlich dem Vergällungszusatz als unbedenklich einstufe. Über das Desinfektionsmittel vom Krankenhaus weiß ich nichts, aber das wird wohl für derartige Anwendungen zugelassen sein.

Vergessen zu erwähnen habe ich den billigen Essigreiniger vom N***o-Supermarkt. Auch damit habe ich die Klarinette mal eingerieben und abgewischt. Darin ist viel Essigsäure enthalten, aber auch Tenside, somit zwei ergänzende Wirkmechanismen zum Alkohol gegen mögliche Krankheiterreger. Außerdem bring das Buntmetalle zum glänzen. Auch diesen Essigreiniger halte ich für unbedenklich.

intune
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von intune »

ich verabschiede mich aus diesem thread.

el gitano
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von el gitano »

intune hat geschrieben:ich verabschiede mich aus diesem thread.
du und ich, wir sehen eine Klarinette lediglich mit anderen Augen, kein Grund zu verzweifeln

tobi
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von tobi »

Hallo Esshornhaber,

ein Tipp aus der Praxis bzw. aus meiner persönlichen Erfahrung mit diversen unterschiedlichen Klarinetten und Saxophonen:
Ich nehme das Mundstück und weiche es erstmal bis zu einer Stunde in Wasser ein. Dann reinigen - groben Dreck wegputzen, incl. Ab- und Auswischen.

Dann in ein Glas mit einer Tablette Kukident oder Alternativen davon. 10min einwirken lassen und wieder putzen. Achtung - wenn das Mundstück aus Ebonit ist, läufst Du Gefahr, dass es matt wird. Also lieber vor der Zeit mal rausnehmen und putzen und danach wieder in die Brühe reintun. Danach ist das Teil klinisch rein.

Der restlichen Klarinette würde ich überhaupt keine Reinigungsmittel gönnen. Wasser und Öl für Holzblasinstrumente sind die besten Hilfsmittel. Schärfere Reinigungsmittel werden sicher das Holz (plus Lackierung) und die Metalle (die Mechanik) angreifen.

Warum auch die Klarinette reinigen??? Du atmest beim Spielen doch aus, nicht ein! Also, ich denke, wenn das Mundstück sauber ist, kann nichts Gravierendes passieren. Die paar Bakterien, die auf und in der Klarinette kleben, sollten i.d. Regel nicht gesundheitsgefährdent sein.

ABER: ein zum Thema passender und vielleicht auch warnender Artikel, dieses Thema doch (!!!) sehr ernst zu nehmen:

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagno ... 09076.html

Hier ist die Rede davon, dass sich ein Musiker an einem Dudelsack infizierte und letztlich starb. Ein weiterer infizierte sich an einem alten Saxophon und konnte gerettet werden. Also, mit dem Thema "Verunreinigung" bzw. "Schimmelpilze" ist absolut nicht zu spaßen !!!

Beste Grüße,
Tobi.

Esshornhaber
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von Esshornhaber »

Mein Mundstück ist offenbar noch aus Holz, so scheint es mir, und das Blatt wird mit einer Schnur befestigt. Kann man das auch eine Stunde in Wasser legen?

Ja, die Infektionsgefahr sollte man sehr ernst nehmen, der Artikel sagt es. Selbst wenn man an dem Blasinstrument nicht sofort stirbt, wie in dem Artikel, kann das unangenehme Folgen haben. Ich denke da an Tuberkulose oder Herpes, aber auch an Krankheiten, bei denen die Infektionswege noch gar nicht genau bekannt sind. Manche Krebsarten sollen von Viren übertragen werden, auch bei bestimmten Herzerkrankungen oder sogar Diabetes wird das vermutet, Habe ich gelesen.

An Kukident habe ich nicht gedacht, gute Idee. Kukident enthält einen Formaldehydabspalter, das desinfiziert gut. Man könnte auch gleich Formaldehydlösung nehmen. Wie bei früher bei Pressholzmöbeln, das schadet dem Holz bestimmt nicht. Außerdem dürften Oxidationsmittel drin sein, das mögen die Krankheitskeime auch nicht.

Hier sind weitere mögliche Desinfektionsmittel aufgeführt: https://www.labor-arnold.de/arten-von-d ... tteln.html

Was genau bringt eigentlich das Ölen des Holzes? Außer einer schöneren Holzoberfläche. Eine Ölung von innen dann vermutlich nichts, oder?

Esshornhaber
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von Esshornhaber »

Um noch einmal auf meine ursprüngliche Frage zurück zu kommen - weiß vielleicht jemand, womit man früher Klarinetten schwarz gefärbt hat oder womit das Holz sonst wie behandelt wurde? Könnten da lösliche Schwermetallverbindungen drin sein, mit Blei, Quecksilber, Arsen? Weil. im Gegensatz zu Krankheitskeimen, kann man solche ja nicht einfach abtöten.

Dass man in eine Klarinette normalerweise nur hinein bläst und nicht daran saugt, verhindert letztendlich nicht, das gelöste Stoffe an das Mundstück gelangen können. Beim Hantieren mit dem Instrument passiert es sehr schnell, und man bemerkt es vielleicht gar nicht, dass der Trichter höher als das Mundstück zu liegen kommt, und dann rinnt die ganze Soße in Richtung Mundstück.

Jedenfalls entsteht auf meinem Blatt nach längerem Üben immer ein schwarzer Fleck.

intune
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von intune »

in der summe des gelesenen, - empfehle ich ein tasteninstrument zu erlernen, mit gummihandschuhen.

tobi
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von tobi »

Nochmal zurück auf die konstruktive Schiene:

Die Ausgangsfrage nach den Inhaltsstoffen des Lackes kann ich leider nicht beantworten. Kann mir aber nicht wirklich vorstellen, dass die Instrumente mit gesundheitschädlichen Materialien behandelt worden sind - aber wer weiß.... Der Lack sollte eine Lasur gewesen sein, ansonsten würde das Instrument kein Wasser (Speichel) bzw. Holzblasinstrumentenöl (silikonfrei !!) aufsaugen können. Wird eine Klarinette überhaupt innen lackiert? Ich weiß es offen gestanden nicht sicher.

Und jetzt das Geheimnis: Das Öl setzt die Poren des Holzes zu bzw. belegt diese, und damit ist es für den Speichel schwieriger, in das Holz einzudringen. Ganz wichtig: Das Instrument muss von außen UND von innen beölt werden; zunächst ruhig mit viel Öl. Wenn das länger nicht geschehen ist, zieht das Öl manchmal sogar vollständig ein. Beim Nachölen ist eher wenig Öl notwendig.

So, jetzt aber meine Realität: Hab meine (teils generalüberholten) Klarinetten eigentlich in den letzten 20 Jahren nie (!) eingeölt. Aber ich bin auch wahrlich kein Viel-Spieler! Putze sie nach Benutzung immer trocken und lasse sie offen an der Luft komplett abtrocknen. Nie nass in den Koffer legen, oder den nassen Putzer mit in den Klarinettenkoffer legen (Kardinalfehler)!

Bei einer Generalüberholung wird das Holz normalerweise fachgerecht beölt. Das reicht aus meiner Sicht für viele Jahre, wenn man das Instrument pfleglich behandelt. Nicht der Sonne aussetzen, etc...

Mein Tipp für das Mundstück: Ich würde mir definitiv ein eigenes Klarinetten-Mundstück kaufen. Einige im Musikgeschäft ausprobieren, und das beste kaufen. Dann gibt es die Bedenken mit der Verschmutzung nicht.

Mir ist übrigens noch nie etwas aus dem Trichter in das Mundstück zurückgelaufen... Trichter runter, normale Haltung beim Spielen, und alles ist gut.

Viel Erfolg!
Tobi.

Esshornhaber
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von Esshornhaber »

Danke für die Hinweise. Ich will noch berichten, was ich an anderer Stelle heraus gefunden habe.

Klarinetten wurden früher wahrscheinlich mit den gleichen Mitteln gefärbt, wie andere Instrumente auch, etwa wie Geigen, oder auch wie Möbel: Natürliche Harze wie Schellack oder Kolophonium, gelöst in Spiritus oder Leinöl. So einer Mischung war wohl auch eine schwarzer Farbstoff zugesetzt, über den ich nichts in Erfahrung bringen konnte. Vielleicht sogenanntes "Rebschwarz", das aus der Trockendestillation von Pflanzenabfällen gewonnen wurde? Ein Spiritus-basiertes Färbemittel würde gut erklären, warum meine Klarinette nach der Behandlung mit Spiritus abfärbt, und warum danach die Polster leicht ankleben, nämlich durch das gelöste Harz. Sollte in dem Färbemittel auch Leinölfirnis enthalten gewesen sein, dann wären diesem typischerweise als Trocknungsmittel auch Bleisalze zugesetzt gewesen, der Klarinettenanstrich somit bleihaltig und giftig. Aber vielleicht wurde ja kein Leinöl verwendet.

Zum Keimfreimachen von Klarinetten oder auch anderen Holzblasinstrumenten empfiehlt sich das Begasen mit Formaldehyd. Das macht man auch in Laboren und Krankenhäusern, wenn man es mit gefährlichen Krankheitserregern und empfindlichen Materialien zu tun hat. Dazu gebe man die Klarinettenteile in eine geräumige Plastiktonne und werfe außerdem einen großen, mit Formalinlösung getränkten Wattebausch hinein, aber so, dass dieser die Instrumententeile nicht berührt. Deckel drauf und einige Tage wirken lassen, vorzugsweise bei sommerlichen Temperaturen um 30 Grad. Aus der Formalinlösung verdunstet der Formaldehyd und durchdringt das Holz bis in den allerkleinsten Winkel, aber auch die Polster. Formaldehyd tötet alle Bakterien, Viren, Pilze und insbesondere auch deren Sporen. Letzteres kann Spiritus etwa nicht. Da das Holz nicht in einer Flüssigkeit liegt, kann es auch nicht aufquellen und reißen. Nach der Behandlung lässt man die Instrumente mehrere Tage auslüften, wobei sich der Formaldehyd vollständig verflüchtigt. Dieses alles tue man irgendwo draußen oder in einem gut durchlüfteten Schuppen und mit einer zweckmäßigen Schutzausrüstung. Das Beschaffen der Formalinlösung ist in der BRD gesetzlich erschwert, aber nicht unmöglich.

el gitano
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Re: Klarinettenfarbstoffe

Beitrag von el gitano »

Hallo,
bitte aufpassen mit der "Tonnentechnik"!!!!!!!!
Das Holz reisst nicht nur durch Aufquellen. Es reisst wenn Spannungen entstehen. Und die entstehen auch bei der Trocknung. Z.B. in einer überhitzten Tonne. Dieses Begasen besser in der Raumtemperatur, in der sich das Instrument befindet.
Das Öl hat die Aufgabe die Zellen - genauer die Zellwände, die schwinden und quellen - des Holzes zu sättigen, so kann es keine weitere Feuchtigkeit aufnehmen, da gesättigt. Aber auch Öl verfliegt (verdunstet) und muss erneuert werden.
Claus

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