Umstellbares Saxophon.

Moderatoren: Dr. Enrico Weller, Mario Weller

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intune
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Umstellbares Saxophon.

Beitrag von intune »

Ich kann nur hoffen, dass über Ostern hier im Forum fleißig gelesen und nach Möglichkeit geantwortet wird.
Ich warte auf ein Paket aus Rumänien, das am Samstag zum 31.3.2018 per Kurier zugestellt werden soll (laut DHL).

Der Kauf war ein "blinder Schuss" aufgrund der Beschreibung. Es soll umstellbar sein in der Stimmung. Von soetwas habe ich schon gehört und gelesen, allerdings aus den Staaten, irgendwann so um die 1940, oder knapp davor.

Bin gespannt wie ein Flitzebogen und melde ich umgehend - also bitte aufmerksam sein-Danke.

Mario Weller
Metallblasinstrumentenbaumeister
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von Mario Weller »

Hallo intune,

da wünsche ich Dir eine fristgerechte Lieferung. Leider werde ich über Ostern keine Möglichkeit haben im Forum zu stöbern oder gar Antworten zu geben. Im Voraus aber bezüglich dieses umstimmbaren Saxophons von mir eine Notiz. Zu Beginn meiner Lehrzeit - welche nunmehr schon 28 Jahre zurück liegt - befand sich im Lager der Lehrwerkstatt ein solches Saxophon. Leider habe ich der Besonderheit damals keine Bedeutung zugemessen, auch wenn diese unser damaliger Ausbilder immer wieder explizit betonte. Außerdem schaute ich da mehr nach den Metallblasinstrumenten. Mit dem 1991 erfolgtem Umzug und gleichzeitigem Ausräumen der Lehrwerkstatt verschwand auch dieses Saxophon (an eine Herstellergravur darauf kann ich mich leider nicht mehr erinnern). Die vielen Muster und Kuriositäten sind seither nicht mehr aufgetaucht, denn es wurde viel weggeworfen oder auch unter der Hand verramscht.

Viele Grüße und schöne Ostern!

Mario Weller

intune
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von intune »

Danke dir Mario,

da haben wir die erste Bestätigung, ich werde auch über die tage das historische zusammenstellen zu der thematik als solches. ich denke nur an die umstimmklarinette von schüller, die bei euch im museum vorhanden ist.

grüsse zu Ostern

intune
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von intune »

Es ist da , samstag nachmittagmittag per kurier geliefert (und das über ostern!!!)– ungewöhnlich war, allerdings, dass ich mich per personalausweis ausweisen musste, das war wohl wegen der kurierzustellung und natürlich die obligatorische unterschrift (DHL sei‘s gedankt-diesmal haben sie ordentlich gearbeitet.
ausgepackt, gestaunt und geschwärmt. anders kann ich es nicht sagen. Ich kann gar nicht beschreiben welcher sammlertraum sich hier realisiert hat. hier sitze ich nun in den späten abendstunden und will noch einen bericht darüber an die hiesige sammlergemeinschaft abgeben.

Ich bitte auch um verständnis, wenn ich das ganze instrument nicht ablichte, die bilderrechte dieses einzigartigen stückes liegen bei mir und bei den künftigen fachartikeln. ausschnitte zeige ich gerne vor lauter besitzerstolz; das muss ein.

Zu geschichte: A.Sax hatte damals das F und Es saxophon kreiert. Das F für die militärmusik und das ES für das konzertant. Wer also in beiden lagern spielen wollte braucht ZWEI instrumente. unterscheiden tuen sich die beiden nur durch einen halbton – also von es zu f = sprich 100 Cent differenz….und das ist nicht viel!
So hat schüller eine umstimmklarinette gebaut die im besitz des MNK-Museums ist, ein bild habe ich eingestellt. Darüber gibt es eine von stein klarinette, ebenfalls umstimmbar, hier gäbe es noch viel zu schreiben, sehr interessant, aber nicht heute unser thema.
Die idee der „umschalterei“ finden wir auch bei anderen instrumenten und so war es nicht verwunderlich dass auch die saxophonfertigung die idee aufnahm in den zwanziger jahren.
Ich weise auf das vierteltonsaxophon hin das kohlert gebaut hat und auf f.x.hüller in dessen werk der unvergleichliche Max Keilwerth(MK) entwickelte und die fertigung leitete. So auch hier, obwohl keine gravur vorhanden ist ausser der Patent nummer (Mario Weller berichtete schon davon-an dieser stelle danke!) nehme ich aufgrund der baucharakteristik an, dass es von MK stammt aus dem Werk von F.X. Hüller.
Der linke Daumen ist für die oktavklappe vorgesehen und bedient beim bariton auch das fiefe A, sofern vorhanden, eine sinnvolle lösung. Der RECHTE daumen stützt das saxophon, hat aber sonst keine zusätzliche aufgabe. Hier hat man offensichtlich von der klarinette abgekupfert mit den modellen der bechermechanik. Der rechte daumen bedient zusätzlich!! eine mechanik – so auch hier bei dem umstimmsaxophon!
Es ist offensichtlich in F gestimmt und wird durch die Bechermechanik und weiteren mechanikteilen die verbunden sind, zum ES umgestimmt, also die 100 Cent realisiert
Zum ausprobieren komme ich erst in den nächsten tagen, wir haben ostern und der nachbar lebt noch!  -sorry.
Ich habe hier jetzt bilder eingestellt und stehe zu fragen gerne bereit.
Man sieht unter anderem den doppeltrichter und das umstimmventil (für rechte hand zu bedienen)
Ein sammler hat mir ein weiteres bild dieser tage geschickt die ein WEITERES umstimmsaxophon zeigen!!! Diesmal in messing (bild anbei) – also wurde zumindest ein weiteres versuchsstück gebaut, eventuell sogar von einem anderen hersteller. In den zwanziger jahren war der wettbewerb stark vertreten mit allen möglichen „Sonderkreaturen“ des instrumentenbaus.
Wie schade dass B&B – bzw. Weltklang seinerzeit vieles „entsorgt“ hat und uns damit quellen nimmt diese fantastische entwicklung zu beleuchten.
Über die tonqualität kann ich erst nach ostern etwas sagen, hauptsache es ist da und damit „gesichert“. Heureka!

Eine Klarinette in meiner sammlung mit einer „slide“ birne, gesteuert vom linken daumen (halbbrille!!) gewinnt jetzt auch an neuer bedeutung. – vielleicht auch umsteuerbar?

Es ist spät geworden, fast mitternacht ist vorbei und ich muss ins bett, bin-hundemüde, obwohl es noch viel zu sagen/schreiben gäbe. Bin gespannt was die fachleute wie die werten Weller‘s, Ladwig, Dapper, Ekrub, Dullat pp. sagen.

Bis bald.
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intune
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von intune »

so nun muss ein zweiter teil herbei
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el gitano
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von el gitano »

wir kennen ja intune, alle Jahre wieder, schön sowas zu lesen, hat richtig Arbeit gemacht denke ich, da ist der 01.04.Scherz von Elon Musk (Tesla) ein Dreck dagegen.

Claus

intune
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von intune »

und was ist damit ?
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intune
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von intune »

und das da ?
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Dr. Enrico Weller
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von Dr. Enrico Weller »

Hallo Intune,

das ist wirklich bemerkenswert. Ich denke jetzt gar nicht darüber nach, mit welchem breitem Maul, ggf. unterstützt von einem prothesenartigen Zahnaufsatz, man das spielen will. Vielmehr sehe ich darin ein Fortleben von Traditionen, die wir schon von den frühen Rohrblattinstrumenten kennen. Es lebe der Doppelaulos in der Gestalt der Neuzeit! Endlich zweistimmig musizieren, ohne sich auf die Eigenheiten eines Duopartners einstellen zu müssen. Da nimmt man kleine Verrenkungen am Handgelenk und am Kiefer gerne in Kauf.

In diesem Sinne: "Es fängt das schöne Frühjahr an ..."

Enrico

intune
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von intune »

so etwas gibt es natürlich auch , vermutlich Kehr (im bestand - Borduninstrument)
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jorinde
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Re: Umstellbares Saxophon.

Beitrag von jorinde »

Tolles und verrücktes Saxophon! Glückwunsch!

Trotzdem kommt bei mir der Klugschei...er durch: Das mit den Stimmungen war genau andersherum. Also C und F sind konzertant (wie auch heute noch bei Blockflöten gebräuchlich), B und Es die „Militärstimmung“ (auch bei den Blechbläsern heute noch üblich). Und zwischen Es und F liegt kein Halbtonschritt, sondern ein Ganzton (oder zwei Halbtöne, Es->E und E->F). Das Sax stimmt sich also vermutlich um einen Ganzton um...

Damals habe ich im Blockflötenunterricht sogar noch gelernt, auf zwei Flöten gleichzeitig zu spielen. Wir hatten da eine Sopran- mit einer Altflöte kombiniert, und durch die verschiedene Stimung ergab sich ein weiteres Tonspektrum: C, D, E, F wurden auf der Altflöte, G, A, H, C, D auf dem Sopran gespielt. Die Stücke waren natürlich nicht allzu komplex, und entsprechend mit passender Begleitstimme gesetzt. Die Herausforderung war, beide Instrumente gleichzeitig sauber anzublasen, die Töne „in Stimmung zu biegen“ und in zwei Griffsystemen gleichzeitig zu denken.

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