Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

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PeterZ
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Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von PeterZ »

Liebe Gitarrenfreunde,
ich spiele seit einigen Jahren nur noch auf Gitarren aus Markneukirchen, weil mir das unterschiedliche Klangespektrum der Meistergitarren sehr liegt. Im Moment habe ich die Ragtime-Qualitäten einer Eichhorn von 1966 entdeckt.
Meine Frage als Neuling in dieser Runde dreht sich um eine Gitarre wohl der 70er Jahre. Auf der Rückseite des Kopfes steht "Made in German Democratic Republic", innen am Halsblock ist ein Stempel, der ein Kreis mit einem Dreieck in der Mitte darstellt. Sonst habe ich nichts individuelles gefunden, abgesehen von einem Anhänger mit der Aluprägung einer Goldmedaille von der Leipziger Messe.
Auffällig sind die Randverzierungen, die ich bislang bei keiner anderen Gitarre gefunden habe. Mir erzählte jemand, dass es sich um ein Messemodell handeln könnte, welches ausschließlich für den Export nach Westdeutschland gedacht war.
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PeterZ
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Registriert: Mi 12. Sep 2018, 21:24

Re: Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von PeterZ »

Inzwischen habe ich herausgefunden, dass die Gitarre 1968 von einem Musikgeschäft in Süddeutschland aus der DDR bezogen wurde.

Calvin_Crämer
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Re: Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von Calvin_Crämer »

Hi Peter,

mir geht es ähnlich wie Dir. Bin ebenfalls schwer begeistert von Qualität und Klang der Gitarren aus Markneukirchen und bedauere es zutiefst, dass es Musima nicht mehr gibt.

Deine Gitarre ist sehr schön. Schade, dass man nichts Genaueres über sie weiß! Viele Exemplare dieses Typs können ja eigentlich kaum exportiert worden sein, sonst würde man ihnen hin und wieder auf Ebay begegnen.

Interessant wäre auch, ob das Modell tatsächlich unter dem Label "Musima" bzw. als "Made in GDR" vermarktet wurde. Kann ich mir eigentlich kaum vorstellen denn seinerzeit wäre das aus ideologischen Gründen ja wohl gleichbedeutend mit Unverkäuflichkeit gewesen. Vielleicht wurde es deshalb als "Framus", "Höfner", "Hopf", "Hausmodell von XY" oder was auch immer gelabelt. Eventuell auch mit einem Phantasienamen.

Tja, wir werden es wohl nie erfahren.

Liebe Grüße

Udo Kretzschmann
Geigenbaumeister
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Re: Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von Udo Kretzschmann »

Hallo Peter und Calvin,

ich bin ja nur Geigenbauer, trau mich aber ab und an, auch etwas zu den Gitarren zu sagen. Gerade so eine habe ich nämlich meiner damaligen Verloben geschenkt und so konnte ich sie mir vorhin gleich noch mal zu Gemüte führen, also die Gitarre meine ich.

So richtig weiß ich nicht, was ihr überhaupt noch herausfinden wollt. "Musima" stand ja schon in den Bildunterschriften. Und da diese Gitarren immer arbeitsteilig hergestellt wurden, ist auch garantiert kein "Erbauer" zu ermitteln. Karl-Heinz Neudel könnte vielleicht noch ein paar Namen aus der Brigade nennen, aber ob das in Zeiten der DSGVO zulässig wäre...

Wenn ich mich richtig erinnere, gehörte sie zur sogenannten "Resonata"- Serie und wurde intern als "die Zebrano" betitelt. Welche Nummer diese Serie hatte, entzieht sich meiner Kenntnis.

Gerade hat unsere Museumsdirketorin Frau Eichler dankenswerterweise zurückgerufen. Sie hat in alten Prospekten geblättert und auch keine Nummer dazu gefunden aber "Resonata" bestätigt.

Noch ein paar Worte zu Calvins Ausführungen. Der Name Musima und auch "Made in GDR" wurde durchaus verwendet und in entsprechenden Publikationen auch damit geworben. Ich stelle hier mal ein Abbild einer Seite aus dem "musikinstrumentenreport DDR '73" ein (plus Link zu hochauflösendem Foto). Diese Broschüre erschien über viele Jahre zur Leipziger Messe, später unter dem Namen "Demusa- Report" (Demusa war der staatliche Außenhandelsbetrieb).

Es wurde viel spekuliert, ob hier in den Betrieben gleich West- Etiketten und Pseudo- Namen in die Instrumente kamen. Grundsätzlich kann ich mir das schon vorstellen, Devisen wurden dringend benötigt und dafür hat man viel getan. Aber direkt gesehen habe ich so etwas nie. Der wahrlich nur Phantasie- Name "Calvin Crämer" kam erst nach der Wende!!

Zurück zur Zebrano- Gitarre. Der Stempel wurde nach einer Qualitätsprüfung angebracht. Bei mir ist da eine II für zweite Wahl zu sehen - erste Wahl wurde nicht im Inland verkauft, die war für den Export bestimmt. Devisen..., siehe oben. Bei mir ist noch ein recht verwaschener Stempel zu sehen, den ich als "ASMW" interpretiere. ASMW = Amt für Standardisierung Meßwesen und Warenprüfung, also auch eine Qualitätskontrolle.

Mit freundlichen Grüßen aus Markneukirchen

Udo
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MUSIMA in musikinstrumentenreport 73 - hochauflösend

Calvin_Crämer
Beiträge: 6
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Re: Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von Calvin_Crämer »

Hi Udo,

auch wenn ich nicht der Threadersteller bin, so danke ich Dir dennoch von Herzen für die Mühe der Nachforschung und für den Scan!

Mit der Erfahrung von heute bin ich absolut bereit, alles zu glauben, was der Prospekt über die intensive Forschungsarbeit und die entsprechend hohe Qualität der Instumente schreibt. Damals hätte ich das in meiner Blödheit und Arroganz als DDR-übliche Großtuerei abgetan. :bad: Tja - da bin ich wohl selber schuld. Erst jetzt weiß ich Musima so zu schätzen, wie es diese wunderbare Marke von vornherein verdient hat!

Liebe Grüße

kghh
Beiträge: 9
Registriert: Mi 13. Feb 2019, 17:19

Re: Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von kghh »

Genau so eine Zebrano ist mir heute auch zugeflogen; sie trägt auf der Rückseite den Aufkleber

CONSERVATOIRE
PRO H 1878

Interessant die dünne Decke und das Ebenholzgriffbrett. Mehr demnächst mal.

Manfred.C
Beiträge: 1
Registriert: So 17. Mai 2020, 11:37

Re: Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von Manfred.C »

Nach einiger Recherche habe ich diesen Beitrag von PeterZ aufgrund der Fotos gefunden. Ich besitze seit ca. 1970 genau diese Gitarre. Sie hat einen tollen Klang und wird im Alter immer besser. Allerdings hat sie mir 50 Jahre lang ihre Herkunft verschwiegen. Es ist kein Aufkleber oder irgend eine Nummer zu finden. Und das hat natürlich einen triftigen Grund. Diese Gitarre stammt aus einer Ausschussproduktion. Der Korpus ist überall mit heftigen Lacksprüngen übersäht, wodurch das Instrument offenbar die Qualitätsmerkmale nicht einhalten konnte. Und jetzt das Gute: Die Gitarre kam mit ca. 20 bis 30 anderen "Kollegen" bei uns im Rheinland bei einem Postenverwerter namens "Havaria" in den Handel. Es gab zwei verschiedene Typen: Diese hier und eine etwas kleinere und schlichter gestaltete. Die Kleine für 35 Mark und die Konzertgitarre für 45 Mark. Alle Gitarren mit diesen scheußlichen Lackierfehlern. Den Kauf der "Schönsten" unter den Scheußlichen habe ich niemals bereut. Der Klang hat mit dem Äußeren nämlich seit 50 Jahren nichts gemein. Ganz im Gegenteil! Das ist eine rundum solide Gitarre mit kräftigem Klang und von Weitem sieht sie auch gut aus 😉.

kghh
Beiträge: 9
Registriert: Mi 13. Feb 2019, 17:19

Re: Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von kghh »

kghh hat geschrieben:Mehr demnächst mal.
Zum Beispiel jetzt...

Ich meine das Modell auch im Gundermann-Film gesehen zu haben (war leider nur kurz). Und vielleicht liegt da tatsächlich ein guter Einsatzzweck: Zur Songbegleitung bzw. auch für Folklore. Der Klang (aktuell mit D'Addario-Saiten, ich weiß leider den Typ nicht mehr) ist "warm", grundtönig. Für die Bach-Fuge gibt es in meinen Ohren andere Instrumente, da fehlt mir etwas.
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kghh
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Re: Konzertgitarre um 1970 - Messemodell - von wem gebaut?

Beitrag von kghh »

kghh hat geschrieben:
So 14. Jun 2020, 14:47
Der Klang (aktuell mit D'Addario-Saiten, ich weiß leider den Typ nicht mehr) ist "warm", grundtönig. Für die Bach-Fuge gibt es in meinen Ohren andere Instrumente, da fehlt mir etwas.
Zwischenzeitlich habe ich Aquila 141c auf das Instrument gezogen und setze es als Quintbass ein. Hier passt es dann auch zur Bach-Fuge. Die Lautstärke ist nicht besonders groß, aber das war sie auch als Primgitarre nicht.

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